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Markgräfler Heimat
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Was ist das Markgräflerland Der Name "Markgräflerland" entstand vor etwa 100 Jahren und bezeichnete die "Obere Markgrafschaft". Dieser südliche Teil der Markgrafschaft Baden-Durlach, bestand seinerseits aus einem nördlichen Teil, der Herrschaft Hachberg um Emmendingen und im Kaiserstuhl, und einem südlichen Teil aus den Herrschaften Rötteln, Sausenberg und Badenweiler. Diese drei Herrschaften bildeten die Grundzelle des Markgräflerlandes. Heute wird das gesamte Rebland, vom Grenzacher Horn im Süden bis Freiburg-St. Georgen im Norden, als Markgräflerland bezeichnet. Der geschichtliche Werdegang Das Markgräflerland: Bemerkungen zu seinem geschichtlichen Werdegang Hans Jakob Wörner Erschienen in "Das Markgräflerland" Heft 2/1994 Das Markgräflerland ist weder schlagartig noch durch den Willen eines einzelnen noch durch Eroberung zustande gekommen, sondern, wie es dem Wesen des alemannischen Stammes entspricht, langsam, schrittweise, durch sich ergänzende Vereinigungen und durch eine für die damalige Zeit erstaunliche Mitwirkung der Betroffenen. Wenn man sich auch vor Konstruktionen hüten muß, so ist schon das geschichtliche Schicksal nicht losgelöst vom Volkscharakter zu betrachten. Den Alemannen sind große Worte verdächtig, theatralische Gesten unerwünscht, schlagartiges Handeln fremd, die Entwicklung geht langsam, bedächtig, unter Beteiligung der Betroffenen, dafür auch in der Regel gesichert und gegen unerwartete Rückschläge gefeit. Die Anfänge des Markgräflerlandes ruhen auf den Schultern der Herren von Rötteln1). Wer sie sind und woher sie tatsächlich stammen, ist bis heute unklar geblieben. Ihren Namen haben sie von der Burg über Lörrach. Zuerst traten sie in unserer Gegend auf als Verwalter von Lehen der Klöster Murbach und St. Gallen2). Es ist höchst wahrscheinlich, daß das Auftreten der Herren von Rötteln mit dem Investiturstreit und das heißt bei uns mit dem Zusammenbruch des st. gallischen Besitzes zusammenhängt. Wir erinnern uns: Dem großen, schon in karolingischer Zeit blühenden Reichskloster St. Gallen waren (meist durch fromme Stiftungen) in unserem Gebiet enorme Ländereien zugekommen. Im Investiturstreit, jenen (wie wir uns heute nur noch schwer vorstellen können) ungeahnt harten Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser stand das Reichskloster St. Gallen notgedrungen auf der Seite des Kaisers und damit des Verlierers der Auseinandersetzungen. Das Kloster erlitt durch diese Ereignisse enorme Verluste. Im Bestreben, den Schaden zu begrenzen, gründete der Basler Bischof Burkart das Kloster St. Alban in Basel3) im Reformgeist von Cluny, und bezeichnenderweise begegnen uns gerade da, nämlich 1102, urkundlich zum ersten Mal die Herren von Rötteln mit Dietrich von Rötteln, der Vogt von St. Alban zu Basel war. Da dem Vogt des Klosters, gegen Bezahlung, u. a. die militärische Absicherung des Klosterbesitzes anvertraut ist, kann dieses Amt nur jemand erfüllen, der die dafür notwendige militärische Macht besitzt. D. h. die Herren von Rötteln müssen damals, zu Beginn des 12. Jh., als sie zum ersten Mal (urkundlich) faßbar sind, bereits über eine erhebliche Macht verfügt haben. Damit wissen wir aber noch nicht, woher sie gekommen sind. Es wird heute angenommen, daß die Herren von Rötteln aus dem Thurgau stammen könnten4). Diese Annahme stützt sich zweifellos auch auf die frühen Zusammenhänge mit dem Kloster St. Gallen. Die Herren von Rötteln stellten mehrere Konstanzer Domherren und zwei, bzw. drei Bischöfe von Basel. Dietrich II., der Sohn des o. g. Dietrich (I) von Rötteln, nahm am Kreuzzug Kaiser Konrads III. teil und kam 1147 um. Auf ihn folgte Dietrich III., er starb 1204. Dessen Sohn Walter I. war Domherr zu Konstanz und Basel, ein anderer Sohn, Liuthold I, wurde zum Bischof von Basel ernannt, ein weiterer Sohn, Konrad I, gewinnt als Stadtgründer von Schopfheim für das Markgräflerland erhebliche Bedeutung. Ein weiterer Sohn, Dietrich IV., erhielt die Burg Rothenburg im Kleinen Wiesental. Der obengenannte Konrad I. von Rötteln, der Stadtgründer von Schopfheim, hatte wiederum zwei Söhne, Liuthold II. und Otto. Der erstere war Dompropst von Basel und Propst des Klosters Moutier-Granval im damals bischöflich-baselischen Jura und außerdem Pfarrer von elf Kirchen in der Herrschaft Rötteln. Das Basler Domkapitel wollte Liuthold II. von Rötteln zum Bischof haben und wählte ihn zweimal, er wurde es jedoch nicht, da der Papst seine Bestätigung verweigerte6). Der andere Sohn Konrads I, Otto, war Edelfreier von Rötteln. Zweifellos zur Aufbesserung seines Einkommens trat er in die Dienste der Habsburger und wurde um 1300 Burgvogt zu Rheinfelden. Er muß stark verschuldet gewesen sein, da ihn die Habsburger in Ensisheim, der späteren Hauptstadt von Vorderösterreich, deswegen gefangen setzten. Allerdings muß es ihm gelungen sein, seine Finanzlage zu ordnen, denn danach finden wir ihn als Reichsvogt, d. h. als Verwalter des Eigentums und der Rechte des Reiches, in Basel. Otto hatte einen Sohn, Walter III., und zwei Töchter, Benedicta und Agnes. Dieser Walter III. von Rötteln verstarb am 25. 9. 1310. Damit erloschen die Edelfreien von Rötteln im Mannesstamm. Noch lebte Liuthold II. von Rötteln, der Bischof von Basel hätte werden sollen. Als er sah, daß er der letzte männliche Überlebende seines Geschlechtes war, schenkte er 1315 seine Rechte an der Rötteler Herrschaft den Markgrafen Heinrich von Hachberg-Sausenberg, Rudolf I. von Hachberg-Sausenberg und der Erbtochter Agnes (?) von Rötteln. Liuthold II. von Rötteln starb als letzter männlicher Vertreter der Herren von Rötteln am 19. 5. 13167). Mit der Schenkung der Herren von Rötteln an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg ist die erste Etappe in der Entwicklung des Markgräflerlandes abgeschlossen, und es wird die zweite eingeleitet, von Rötteln zu den Markgrafen. Die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg waren in unserer Gegend nicht unbekannt. Seit 1094 hatten sie die Vogtei über das Kloster St. Georgen (bei uns vor allem Güter in Blansingen und Kleinkems betreffend) inne. Außerdem hatten sie die Vogtei über rechtsrheinisches Gebiet des Klosters St. Alban in Basel zusammen mit dem Rötteler Erbe angetreten. Die Markgrafen, deren Titel vermutlich von Verona stammt, sind seit 1161 im Besitz der Hochburg. Doch wie kamen sie nach Sausenburg? Der Vorgang zeigt sehr deutlich, wie die größeren Adelsgeschlechter sich allmählich aus einer großen Fülle kleinerer Adelsgeschlechter herausentwickelten. Vor allem durch fromme Stiftungen, z. B. der Herren von Kaltenbach, wurde das Kloster St. Blasien zu einem großen Grundbesitzer in unserem Gebiet8). Anfang des 12. Jh. entstanden die st. blasianischen Propsteien Bürgeln, Sitzenkirch und Weitenau. Im 13. Jh. gehörte Sausenberg dem Kloster St. Blasien. Nach Auseinandersetzungen, die wir nicht näher kennen, schlossen das Kloster St. Blasien und die Markgrafen 1232 einen Vertrag. Aus diesem geht hervor, daß die Markgrafen 1232 die Herrschaft Sausenberg vom Kloster St. Blasien erwarben. Bürgeln, das nicht Gegenstand des Vertrages ist, blieb im Besitz von St. Blasien. Unmittelbar nach der Erwerbung müssen die Markgrafen das Bedürfnis gehabt haben, das neue Gebiet durch eine Burg zu sichern: sofort begann der Bau der Burg Sausenburg, die 1246 bereits bestand. Daß die Markgrafen die neue Burg Sausenburg auch tatsächlich bewohnten, geht daraus hervor, daß 1297 bzw. 1371 auf dieser Burg markgräfliche Urkunden ausgestellt wurden. Dem Kloster St. Blasien sind, wie erwähnt, umfangreiche Ländereien als fromme Stiftungen zugekommen; darin spiegelt sich das große Ansehen, das diese geistliche Institution schon früh gewonnen hatte. Werner von Kaltenbach, welcher dem Kloster St. Blasien Bürgeln9) und zugehörige Gebiete geschenkt hatte, trat mit seinen beiden Söhnen Werner jun. und Wipertus selbst in das Kloster ein und die Gemahlin und Mutter Ita in das Frauenkloster Berau 10). Das Kloster St. Blasien, das schon früh berühmt war durch klösterliche Zucht und religiösen Eifer und außerdem durch eine vorbildliche Güterverwaltung, war bestrebt, die ihm übergebene Schenkung zu erhalten, zu pflegen, vor Raub, Verlust, Schädigung zu bewahren und wo notwendig und möglich durch entsprechende Zukaufe zu arrondieren. Dabei traten im späteren Markgräflerland das Kloster St. Blasien in seinem Bemühen um Erhaltung und Abrundung der Schenkungen und die Markgrafen, die versuchten, ein geschlossenes Territorium aufzubauen, als Konkurrenten auf. Den beiden muß klar gewesen sein, daß keiner den anderen ausschalten konnte, infolgedessen suchten und fanden sie durch Verträge einen modus vivendi, der jahrhundertelang anhielt, sogar dann noch, als sich die Markgrafen zur Reformation bekannten, während das in Vorderösterreich gelegene Kloster St. Blasien naturgemäß beim alten Glauben blieb. So sehen wir das Kloster St. Blasien im 13. /14. Jh. um die Propsteien Bürgeln und Weitenau Besitz erwerben. Auch Sitzenkirch wurde dem Kloster St. Blasien geschenkt. Martin Gerbert schreibt in seiner "Geschichte des Schwarzwaldes" (1783) hierüber: "Heribordus und seine Schwester Friderun mit ihrer Tochter Agnes, ebenso mit Reginlint und Engela, hatten dort ein Landgut in Sitzenkirch... im Jahre 1125 dem Kloster St. Blasien geschenkt... Bertha, die Äbtissin dieses Klosters, begegnet in klostereigenen Dokumenten zum Jahr 1177. Eine Bestattung an diesem Ort erhielten nicht wenige von den Markgrafen von Hachberg" 11). Einen neuen Altar in Sitzenkirch stiftete Königin Agnes von Ungarn. Im Jahre 1384 fand Markgraf Otto, der für sich und die Seinen ein Jahrgedächtnis hier gestiftet hatte, in der Kirche zu Sitzenkirch seine Grabstätte. Außerdem wurden hier beigesetzt: Heinrich (gest. 1318), Markgraf Hugo (gest. 1448) und Margaretha von Stein, Gemahlin Rudolfs IV., Verena, Gemahlin Heinrichs V. von Fürstenberg. Das Kloster Sitzenkirch überlebte wohl den Bauernkrieg nicht. Als jüngste klösterliche Niederlassung im Markgräflerland wurde 1303 durch Bertha von Nollingen, die mit dem Großbürger Otto Münch aus Basel verheiratet war, das Kloster Himmelpfort (Himmelspforte) gegründet (Prämonstratenserinnen)12). Man kann nicht sagen, daß die neuen Herren unseres Gebietes, die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, besonders fein besaitet gewesen seien: Rudolf II. erstach 1332 im Streit den Basler Bürgermeister, weshalb die Basler vor die Burg Rötteln zogen und sie belagerten; im letzten Augenblick gelang es, durch Vermittlung den Streit beizulegen. Wie Karl Seith ausführt, stammen Pfeilspitzen, Armbrustbolzen usw., die bei der Burg Rötteln gefunden wurden, von dieser Belagerung. Um 1300 trat eine Erbteilung unter den Markgrafen ein. Rudolf I. wurde 1306 zum Begründer der Sausenberger Linie13). Nach dem Vergleich mit St. Blasien hatten die Markgrafen die Burg Sausenburg errichtet: zur Sicherung der neuen Herrschaft und als deren Verwaltungsmittelpunkt. Bis zur Vereinigung mit der Herrschaft Rötteln (1315) blieb die Sausenburg der Verwaltungsmittelpunkt der Herrschaft Sausenberg, danach wurde die Administration in Rötteln zusammengefaßt. Die Fortexistenz großer st. blasianischer Güter und Rechte in dem sich allmählich festigenden markgräflichen Gebiet machte weitere Übereinkommen nötig. 1345 erfolgte ein Vergleich zwischen dem Markgrafen und St. Blasien wegen Bürgeln. Bürgeln wurde dem Kloster als freies Eigentum zugesprochen samt der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, dafür mußte St. Blasien den Markgrafen zum Schirmvogt annehmen. Ein einschneidendes Ereignis bildete das große Erdbeben des Jahres 1356. Es war nicht nur das Basler Erdbeben, wie man vielfach lesen kann (einfach deshalb, weil wir aus Basel über die dadurch eingetretenen verheerenden Schäden am meisten wissen), sondern ein Erdbeben, das unser ganzes Gebiet schwer heimsuchte. Man muß annehmen, daß wohl sämtliche Burgen unseres Gebietes durch dieses Erdbeben weitgehend zerstört oder doch schwer beschädigt wurden. Von der Burg Rötteln wissen wir, daß sie schwere Schäden erlitt. 1376/1379 erwarb Markgraf Rudolf III. in Basel die Häuser "ze Straßburg" und "ze Aarberg" in der Augustinergasse. Überhaupt zeigt sich, daß die Markgrafen in Basel, dem natürlichen Zentrum des Markgräflerlandes, Fuß zu fassen versuchten. Einmal taten sie damit nichts anderes als ihre Vorgänger, die Herren von Rötteln, getan hatten, die Bischöfe und Domherren von Basel waren, zum anderen diente Basel den Markgrafen jahrhundertelang bei jeder Art politischer Auseinandersetzung als Zuflucht; in diesem Zusammenhang ist auch die obengenannte Erwerbung von Liegenschaften in der Stadt Basel zu sehen. Auch ganz persönliche Bindungen hatte Markgraf Rudolf III. mit Basel: vier Töchter von ihm lebten als Nonnen im Franziskanerinnenkloster St. Clara in Kleinbasel14). Rudolf III. machte für die Kirche in Rötteln, deren heutige Form auf ihn als Erbauer zurückgeht, in den Jahren 1387-1391 größere Stiftungen. - Obwohl das Kloster Sitzenkirch "dem Gehorsam des Abtes von St. Blasien unterstand", wurde es offenbar von den Markgrafen als ihr Hauskloster, vor allem als ihre Grablege betrachtet. Anders sind die Stiftungen, die Rudolf III. für Sitzenkirch 1366, 1371, 1374 gemacht hat, kaum zu verstehen. Hier ist auszuführen, daß jedes Adelsgeschlecht danach strebte, in seinem Herrschaftsgebiet ein Kloster zu haben, das als Familiengrablege diente und an dessen Ort durch fromme Mönche oder Nonnen gebetet wurde. Markgraf Rudolf III. war bedeutend auch auf dem Gebiet der Verwaltung: auf ihn geht wohl die Schaffung der Landvogtei, des späteren Oberamtes von Rötteln, zurück. Man kann sich natürlich fragen, wo Rudolf III. von Rötteln hauptsächlich gewohnt hat: neben den bereits genannten Häusern in Basel vor allem auf der Burg Rötteln15) Auf der Sausenburg dürfte er nur gelegentlich gewesen sein. Damit hängt zweifellos auch zusammen, daß er die von ihm im wesentlichen neu erbaute Kirche in Rötteln mit größeren Stiftungen bedachte und zu seiner und seiner Gemahlin Grabstätte bestimmte. Während die Grablege Sitzenkirch in Zusammenhang mit der Sausenburg gesehen werden kann, ist durch die hauptsächliche Wohnsitznahme auf der Burg Rötteln und den Ausbau der dabei liegenden Kirche und Grablege in Rötteln der Wille deutlich sichtbar, hier ein Herrschaftszentrum zu schaffen. Schaute Rudolf III. von seiner Burg aus gegen Basel, so sah er dort in der Ferne den Dachreiter der Kirche St. Clara, wo vier seiner Töchter als Nonnen lebten. Wollte er sich in die Annehmlichkeit eines Bürgerhauses in der Stadt zurückziehen, so ging er in seine Häuser in Basel. Man kann sagen, daß es vier Methoden waren, mit denen die Markgrafen ihr Territorium erwarben bzw. ausbauten: einmal durch Grunderwerb, wo immer dies möglich war. Oder durch die Übernahme von Lehen, schließlich durch den Erwerb von Privilegien und besonders der Gerichtsbarkeit. Meist war die niedere Gerichtsbarkeit ausschlaggebend für die spätere territoriale Zugehörigkeit. Trotz enger Verbundenheit mit der Stadt Basel kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen. Die Markgrafen hatten das Basler Bürgerrecht, sie waren andererseits Lehensnehmer auswärtiger Mächte, z. B. Österreichs. Zwischen den aus beiden Verbindungen erwachsenden Pflichten kam es mehr als einmal zu Konflikten, auch wenn durch Verträge usw. immer wieder versucht wurde, zwischen beiden Pflichten zu vermitteln. Mit dem Bischof von Basel kam es fortgesetzt zu Auseinandersetzungen, namentlich wegen des bischöflich-baselischen Schliengen16), das die Markgrafen gern ihrem Gebiet einverleibt hätten. Auseinandersetzungen drohten stets auch mit Österreich, das sich als konkurrierende Macht nicht nur in den Nachbargebieten (Breisgau, Wehr, Hotzenwald, St. Blasien), sondern durchaus auch an manchen Punkten im Inneren des markgräflichen Gebietes bemerkbar machte: in Bellingen und Stetten bei Lörrach. Österreich war natürlich ein mächtiger Gegner, mit dem weder als Territorialherr noch dann, wenn (was oft genug vorkam) die Habsburger als Könige bzw. Kaiser das Reich zu vertreten hatten, zu spaßen war. Doch blieb auch das Haus Habsburg nicht von Rückschlägen verschont, so etwa während des Konzils von Konstanz (1414-1418); auf diesem hatte Herzog Friedrich von Habsburg-Laufenburg den vom Konzil abgesetzten Gegenpapst Johannes XXIII. unterstützt und war dafür in die Reichsacht gesetzt worden, d. h. durch die Reichsacht wurde er seines Besitzes verlustig erklärt und seine Untertanen aller Verpflichtungen gegen ihren Landesherren ledig gesprochen. Im Zuge dieses Vorganges kam nicht nur der vorher habsburgische Aargau an die Eidgenossenschaft, sondern es wurde auch die Herrschaft Badenweiler den Grafen von Freiburg zugeteilt17). Rudolf III. von Hachberg-Sausenberg, von dessen enger Verbundenheit mit der Stadt Basel schon die Rede war, bedachte in seinem Testament von 1423 alle geistlichen Institutionen der Stadt Basel mit Stiftungen. Graf Johann von Freiburg, der letzte seines Geschlechtes, schenkte am 8. 9. 1444 die Herrschaft Badenweiler seinen Neffen Rudolf IV. und Hugo von Hachberg-Sausenberg. Nachdem die Herrschaften Rötteln und Hachberg-Sausenberg 1315 zusammengekommen waren, kam nun die Herrschaft Badenweiler hinzu, und auf solche Weise war das heutige Markgräflerland komplett18). Dieser Tag wird deshalb mit Recht als der Geburtstag des Markgräflerlandes angesehen. Karl Seith schreibt hierzu: "Johann übergab am 8. September 1444 die Herrschaft Badenweiler den Söhnen Wilhelms, Rudolf und Hugo. Dieser Tag ist der Geburtstag des Markgräflerlandes, und wäre der 2. Weltkrieg nicht gewesen, hätten wir am 8. September 1944 die Feier einer halbtausendjährigen Zusammengehörigkeit auf dem alten Landsgemeindefeld des Sausenharts begehen können, unterhalb der Straße von der Kaltenherberge nach Mappach"19). Man kann sich natürlich fragen, weshalb Graf Johann von Freiburg mit der Herrschaft Badenweiler einen erheblichen Teil seines Besitzes, wenn auch an Verwandte, verschenkte. Er und seine Gemahlin Marie von Chalon hatten sechs Kinder, die alle im Kindesalter verstarben. Damit waren sie ohne Nachkommen und mußten, zweifellos mit Trauer, mitansehen, daß ihr Geschlecht im Mannesstamm aussterben würde. Bemerkenswert ist dabei auch, daß sie diese Schenkung nicht dem regierenden Markgrafen Wilhelm, sondern dessen Söhnen Rudolf IV. und Hugo machten. Der Grund ist offenkundig: Wilhelm war derart verschuldet, daß sein später tatsächlich eingetretener Bankrott drohte und die Schenkung natürlich nicht in der Konkursmasse versinken sollte. Wilhelm wurde von seinem Sohn im Juraschloß Vautravers interniert. Dort starb er 1482 und wurde in der Stiftskirche von Neuchâtel bestattet. Man sieht daraus, daß der Übergang der Herrschaft Badenweiler an das Markgräflerland auch aus dem ganz nüchternen Grund erfolgte, sie vor Verlust und drohendem Bankrott zu retten. Als das auf solche Weise zusammengewachsene Markgräflerland 1503 an Baden-Durlach kam, konnte der neue Besitzer, Markgraf Christoph von Baden-Durlach, sich eines bedeutenden Zuwachses durch ein fast vollständig geschlossenes Gebiet erfreuen. Rudolf IV. starb 1487, und sein Nachfolger wurde Markgraf Philipp. Als dieser merkte, daß er der letzte männliche Vertreter seines Geschlechtes sein würde, schloß er am 26. 8. 1490 den bekannten Erbvertrag mit den Markgrafen von Baden-Durlach. Nach diesem Vertrag sollte sein Besitz, das Markgräflerland, bei seinem Ableben an Markgraf Christoph von Baden-Durlach fallen. Dies mit ausdrücklicher Zustimmung der "Landschaft", d. h. den Vertretern der Bevölkerung. Erst jetzt, 1503, war aus dem 1444 entstandenen Markgräflerland das badische Markgräflerland geworden20). Beim Tod von Markgraf Philipp (1503) und dem vertragsmäßigen Übergang an Baden-Durlach kam es kurzzeitig nochmals zu Irritationen: Es gab damit zwar keinen männlichen Vertreter der Markgrafen von Hachberg-Sausenberg mehr, wohl aber weibliche Nachkommen, die Tochter Johanna, welche sich mit dem Grafen Louis de Longueville verheiratet hatte. Es wäre auch denkbar gewesen, die weibliche Erbfolge gelten zu lassen und das Markgräflerland den Grafen von Longueville zuzuweisen. Wäre dies gekommen, so wäre das Markgräflerland 1503 mit der Grafschaft (seit 1505 Herzogtum) Longueville (nach dem Ort Longueville-sur-Scie, heute Departement Seine Maritime, zwischen Rouen und Dieppe gelegen) vereinigt und demzufolge wohl französisch geworden. Die Zuweisung an Longueville aber hätte eine Abweichung vom Erbvertrag von 1490 bedeutet, dem die "Landschaft" ausdrücklich zugestimmt hatte. Deshalb lehnte sie es jetzt ab, ihren eigenen Beschluß zu korrigieren, und bestand auf der Erfüllung des Erbvertrages von 1490, d. h. dem Übergang an Baden-Durlach. Beim Tode der Tochter Johanna von Rötteln-Sausenburg, verheiratete de Longueville, 1543, erhoben deren Erben Anspruch auf das Markgräflerland. Über diese Ansprüche wurde 1581 ein Vergleich erzielt, wonach Baden-Durlach gegen Bezahlung von 225 000 fl. die Forderungen von Longueville abgalt. - Seit Louis I. de Longueville waren die Herzöge von Longueville auch souveräne Fürsten von Neuchâtel und kamen später u. a. in den Besitz der Herrschaft Valangin21). Rudolf IV. starb 1487, und sein Nachfolger wurde Markgraf Philipp. Als dieser merkte, daß er der letzte männliche Vertreter seines Geschlechtes sein würde, schloß er am 26. 8. 1490 den bekannten Erbvertrag mit den Markgrafen von Baden-Durlach. Nach diesem Vertrag sollte sein Besitz, das Markgräflerland, bei seinem Ableben an Markgraf Christoph von Baden-Durlach fallen. Dies mit ausdrücklicher Zustimmung der "Landschaft", d. h. den Vertretern der Bevölkerung. Erst jetzt, 1503, war aus dem 1444 entstandenen Markgräflerland das badische Markgräflerland geworden20). Beim Tod von Markgraf Philipp (1503) und dem vertragsmäßigen Übergang an Baden-Durlach kam es kurzzeitig nochmals zu Irritationen: Es gab damit zwar keinen männlichen Vertreter der Markgrafen von Hachberg-Sausenberg mehr, wohl aber weibliche Nachkommen, die Tochter Johanna, welche sich mit dem Grafen Louis de Longueville verheiratet hatte. Es wäre auch denkbar gewesen, die weibliche Erbfolge gelten zu lassen und das Markgräflerland den Grafen von Longueville zuzuweisen. Wäre dies gekommen, so wäre das Markgräflerland 1503 mit der Grafschaft (seit 1505 Herzogtum) Longueville (nach dem Ort Longueville-sur-Scie, heute Departement Seine Maritime, zwischen Rouen und Dieppe gelegen) vereinigt und demzufolge wohl französisch geworden. Die Zuweisung an Longueville aber hätte eine Abweichung vom Erbvertrag von 1490 bedeutet, dem die "Landschaft" ausdrücklich zugestimmt hatte. Deshalb lehnte sie es jetzt ab, ihren eigenen Beschluß zu korrigieren, und bestand auf der Erfüllung des Erbvertrages von 1490, d. h. dem Übergang an Baden-Durlach. Beim Tode der Tochter Johanna von Rötteln-Sausenburg, verheiratete de Longueville, 1543, erhoben deren Erben Anspruch auf das Markgräflerland. Über diese Ansprüche wurde 1581 ein Vergleich erzielt, wonach Baden-Durlach gegen Bezahlung von 225 000 fl. die Forderungen von Longueville abgalt. - Seit Louis I. de Longueville waren die Herzöge von Longueville auch souveräne Fürsten von Neuchâtel und kamen später u. a. in den Besitz der Herrschaft Valangin21). Zum Anfang des Dokuments Von der konkurrierenden Macht Österreich war schon mehrfach die Rede. Auch Österreich versuchte, seinen Besitz und seine Rechte zu erweitern und auszubauen. So wollte es erreichen, daß Markgraf Christoph Schopfheim und Rötteln von Österreich zu Lehen nehmen sollte. Das hätte bedeutet, daß Österreich (jedenfalls grundsätzlich) die Möglichkeit gehabt hätte, eines Tages das Lehen einzuziehen. Dagegen wehrte sich Markgraf Christoph22). Eine für die Zeit besondere und für die Verfassungsgeschichte bedeutende Einrichtung war die "Landschaft", die eine wirkliche Vertretung der Bevölkerung darstellte. Das Gebiet des Markgräflerlandes wurde in vier Viertel eingeteilt, und jedes Viertel entsandte eine bestimmte Anzahl Vertreter in die "Landschaft". Als Tagungsort erscheint in der Frühzeit der Sausenhardt, eine Ebene zwischen Kandern und Mappach. Hier versammelten sich die Volksvertreter und die Vertreter der Herrschaft, d. h. des Staates, in der Art der Schweizer Landsgemeinde unter freiem Himmel, um politische Geschäfte zu erledigen. Einberufen wurde der "Landtag" durch den regierenden Markgrafen. Von der "Landschaft" erhalten wir im 15. Jh. ein klares Bild. Sie konnte durch ihre Vertreter, die Landstände, an Gesetzgebung und Regierung mitwirken, die Landstände übernahmen im Kriege die Führung23). Die Glanzzeit der "Landschaft", d. h. der Volksvertretung, war zweifellos das 15. und 16. Jh. Danach, im Zuge des aufkommenden Absolutismus, wurde die Zahl der Volksvertreter mehr und mehr beschränkt; die "Landtage" scheinen jetzt auch nicht mehr auf dem Sausenhardt, sondern in der Burg Rötteln stattgefunden zu haben. Womit der hoffnungsvolle demokratische Ansatz wieder schwindet. Dennoch darf die Tatsache, daß es überhaupt eine Volksvertretung gab und diese erst noch an Gesetzgebung und Verwaltung mitwirken konnte, als besonders bedeutend hervorgehoben werden. Die Markgrafen von Baden-Durlach waren nach der Rechtsordnung des ihnen neu übertragenen Landes verpflichtet, zu allen Vorhaben die Zustimmung der Landstände einzuholen. Der Übergang des Markgräflerlandes an Baden-Durlach hatte naturgemäß seine Auswirkung auf den zentralen Verwaltungssitz. Rötteln büßte unvermeidlich an Bedeutung ein: Die Markgrafen von Baden-Durlach hatten neben Durlach die Hochburg, Sulzburg und Rötteln als Verwaltungssitze, die sie gelegentlich nutzten. Ein in jeder Hinsicht entscheidendes Ereignis war im 16. Jh. der Eintritt der Reformation 24) (zuerst in Basel, 1529). Die Ausstrahlung Basels als natürlicher Mittelpunkt des Markgräflerlandes und als Kulturmetropole ist nicht hoch genug einzuschätzen. In Basel war es die Lehre Zwinglis, die von Oekolampad in Verbindung mit der Zürcher Reformation eingeführt wurde. Im Unterschied dazu haben die Markgrafen von Baden-Durlach im Markgräflerland die Reformation Luthers eingeführt. Markgraf Karl II. erklärte am l. 6. 1556 die Lehre Luthers in seinem Gebiet für verbindlich. Denkbar wäre grundsätzlich auch die Reformation Zwinglis (wie in Basel) oder Calvins (wie im französischen Sprachgebiet) gewesen. Doch zeigt sich hier, daß die Markgrafen von Baden-Durlach wie die Herzöge von Württemberg und auch die Stadtrepublik Straßburg schon aus geographischen Gründen der Reformation Luthers näherstanden als derjenigen Zwinglis oder Calvins, die zum Beispiel in der Stadtrepublik Mülhausen, die sich als zugewandter Ort der Eidgenossenschaft angeschlossen hatte, angenommen wurde. Man mußte sich darüber im klaren sein, daß die Einführung der Reformation im Markgräflerland eine grundlegende Veränderung nicht nur des religiösen, sondern auch des kulturellen, des gesellschaftlichen und des politischen Lebens bedeutete. Eine gänzlich andere Auffassung als der alte Glaube hatte die Reformation von Religion und Gottesdienst, in der Mitte steht die Verkündigung des Wortes, die Predigt, die Gemeinde. Durch die Betonung des Lesens und der eigenen Interpretation der Bibel gewinnt auf einmal das gesamte Schulwesen eine ganz andere Bedeutung, als es sie vorher hatte. Erstaunlich früh erhielten zahlreiche Gemeinden des Markgräflerlandes Lateinschulen und deutsche Schulen 25). Leicht erkennbar ist aus den Lateinschulen das Gymnasium, aus den deutschen Schulen Grund- und Hauptschule hervorgegangen. Erstaunlich, daß ein Ort wie Kandern über eine Lateinschule verfügte. Man erkennt daraus, welch enormen Wert die Reformation auf die Schulbildung legte. Nicht nur das gesamte geistliche und geistige, d. h. kulturelle Leben ist durch die Reformation nachhaltig verändert worden, sondern auch das gesellschaftliche. Dadurch, daß im Gottesdienst die Gemeinde im Mittelpunkt steht, ist diese, d. h. die Vertretung des Volkes, sehr viel wichtiger geworden. Auch veränderten die Glaubensinhalte das geistige und politische Klima; ein pragmatischer, durch das protestantische Arbeitsethos geprägter Geist wurde maßgebend. Man muß bedenken, daß ja noch immer im Markgräflerland Besitz und Rechte "auswärtiger" Grundbesitzer vorhanden und zu respektieren waren. Dazu gehörte in erster Linie das Kloster St. Blasien, das als in Vorderösterreich gelegenes katholisches Kloster naturgemäß andere Vorstellungen hatte als das evangelisch gewordene Markgräflerland. Das gleiche gilt für Österreich, das als wichtigste Vormacht des alten Glaubens mit Nachdruck seine Interessen vertrat. So ließen denn auch Konflikte nicht lange auf sich warten. Doch erreichte der nüchtern pragmatische, auf Ausgleich der Interessen bedachte Sinn der Alemannen bald ein Übereinkommen zu einem modus vivendi, der aus heutiger Rückschau als ein frühes, eindrückliches Beispiel ökumenischer Haltung erscheinen kann. Es wurde dabei in der Regel so verfahren, daß den "auswärtigen" Mächten ihre Besitzungen und ihre Rechte belassen wurden, in materieller Hinsicht änderte sich also praktisch nichts, andererseits war es ihnen untersagt, auf die ihnen nicht unterstellte Bevölkerung religiös einzuwirken. In Bürgeln blieb beispielsweise der Besitz St. Blasiens erhalten, und dem Propst war es gestattet, für sich und seine Hausgenossen die Heilige Messe zu lesen. Auch in Weitenau wurde der Besitz St. Blasiens nicht angetastet, das Kloster hingegen aufgehoben und zur evangelischen Pfarrkirche umgewandelt. Im wesentlichen ähnlich ist in Sitzenkirch verfahren worden, hier verpflichtete sich St. Blasien, an diesem Ort keinen Konvent mehr einzurichten, dafür wurde ein st. blasianischer Propst oder Schaffner (Verwalter) geduldet26). Für das pragmatische Verhältnis zwischen der jetzt protestantischen Markgrafschaft und den Patronatsherren, die beim alten Glauben blieben, zeugt der Neuenburger Vertrag von 1561, der ein Übereinkommen auf breiter Basis bringt. Er besagt im wesentlichen, daß den katholischen Patronatsherren ihre Einkünfte verbleiben, im Gegenzug müssen diese sich aber verpflichten, die jetzt protestantischen Geistlichen in vereinbarter Weise zu besolden. Ein eindrückliches Beispiel für ähnliche Verhältnisse sieht man in Kleinkems, wo Abt Caspar II. von St. Blasien ein äußerst stattliches protestantisches Pfarrhaus erbauen und mit seinem Wappen versehen ließ27). Der Schopfheimer Vertrag von 1629 sicherte den Geistlichen ihre Einkünfte im jeweils andersgläubigen Gebiet. Die von Karl II. erlassene Kirchenordnung war in wesentlichen Teilen der württembergischen Kirchenordnung von 1553 entnommen28). Nach der Einführung der Reformation bedurfte es der Geistlichen der neuen Konfession. Woher sollte man sie in ausreichender Zahl und Ausbildung nehmen? Dieses Problem war auch den Markgrafen bekannt: sie förderten daher zunächst das Studium evangelischer Geistlicher in Basel und Straßburg; diese Lösung erwies sich indessen nicht als ideal. In Basel bestand das Problem, daß die Stadt und damit naturgemäß auch die Priesterausbildung die Lehre der zwinglianischen Reformation angenommen hatte. In Straßburg war dies angesichts der dort eingeführten Reformation Luthers anders, doch stellten sich auch hier finanzielle Probleme, da man die Ausbildung von Landeskindern im "Ausland" als teuer ansah. Aus diesen Gründen wurde zur Ausbildung nicht nur von Geistlichen, sondern auch von Verwaltungsbeamten, die man in der Markgrafschaft Baden-Durlach brauchte, in Durlach das Ernestinum, eine Art Gymnasium, gegründet, das man später nach Karlsruhe verlegte. Die erforderlichen Vorkenntnisse für den Besuch des Ernestinums vermittelte z. B. das "Pädagogium" (also eine Art Progymnasium) in Lörrach, an dem im 18. Jh. Johann Peter Hebel wirkte29). Erhebliche Wirren brachte der 30jährige Krieg. 1627 mußte Markgraf Friedrich V. als protestantischer Landesherr nach Württemberg fliehen, da vorgesehen war, in seinen Ländern die Reformation abzuschaffen. 1629 sollte der bei der Reformation erfolgte Übergang der Kirchengüter in den Besitz der Herrschaft rückgängig gemacht werden. Die Wendung im Kriegsglück mit dem Einmarsch der Schweden 1633 verhinderte dieses Vorhaben. 1648 erreichte Friedrich V. die Wiedereinsetzung in seine Herrschaft nach dem Stand von 1618; Baden-Baden und die österreichischen Vorlande blieben katholisch, auf sie mußte er also verzichten. Seit dem 17. Jh. wurde die Verwaltung des Markgräflerlandes zunehmend nach Durlach und später nach Karlsruhe verlegt; dabei büßte insbesondere die Burg Rötteln ihre zentrale Funktion zunehmend ein. Das wahrscheinlich letzte öffentliche Ereignis, das auf der Burg Rötteln vor ihrer Zerstörung stattfand, war die Huldigung der Untertanen an Friedrich VII. Magnus im Jahre 1677. Wie bereits erwähnt, haben im Zuge der Entwicklung des Absolutismus die Landstände mehr und mehr an Bedeutung eingebüßt. Je mehr sich die markgräfliche Verwaltung im modernen Sinn entwickelte, um so mehr verloren die Landstände an Bedeutung. 1668 wurden sie formell aufgelöst; damit verlor das Markgräflerland eine im demokratischen Sinn außerordentlich fortschrittliche Institution30). Im Verhältnis der konfessionell verschiedenen Herrschaften Markgrafschaft und Kloster St. Blasien hat das milde 18. Jh. einen weiteren Ausgleich gebracht. Amüsant ist die Nachricht von 1771, der st. blasianische Propst von Bürgeln sei gebeten worden, kein Getreide außer Landes (also zum Beispiel nach dem gut bezahlenden Basel) zu verkaufen, da das Getreide knapp und die Preise ohnehin schon recht hoch seien. Der Propst sagte dies zu und erhielt als Dank dafür ein Exemplar von Schöpflins "Badischer Geschichte". Da das Kloster St. Blasien, das selber Bücher druckte, stets an solchen für seine Bibliothek interessiert war, hoffte man ihm hiermit eine Freude zu bereiten, was auch gelang31). Am 1. 10. 1783 erließ Kaiser Joseph II. das bekannte Toleranzedikt, das die rechtliche Gleichstellung der christlichen Konfessionen brachte. Damit war im katholischen Bereich den Nicht-Katholiken die private Religionsausübung gestattet, auffallen durften sie allerdings ebenso wenig wie die Nicht-Protestanten in der benachbarten Markgrafschaft. Der Friede von Campo Formio (1797) brachte den Beginn der Frankreich-Orientierung der Markgrafschaft. In der Folge der Französischen Revolution und Napoleons wurde eine Vergrößerung Badens als geeignetes Mittel zur Bekämpfung Österreichs als einer der Hauptmächte eines revolutionsfeindlichen Konservatismus erachtet. Bereits 1798 erhielt Baden bedeutende Zugewinne. Baden seinerseits erkannte sehr rasch, wo seine Wohltäter waren, und es richtete ebenfalls 1798 eine ständige Vertretung in Paris ein. In der Folge konnte der Vertreter Badens, Freiherr von Reitzenstein, für sein Land bedeutende Vorteile erlangen. Je mehr es mit Baden aufwärts ging, um so mehr ging es mit den geistlichen Besitzungen und mit Vorderösterreich bergab. Einschneidend in dieser Beziehung wurde der Friede von Lunéville (1801). In ihm bestimmte Napoleon den Rhein als endgültige Grenze zwischen Frankreich und den deutschen Ländern und führte damit den Gedanken der rechtsrheinischen Entschädigung der deutschen Fürsten für ihre linksrheinischen Verluste ein, der sich als ungeahnt folgenreich erweisen sollte. 1803 fielen die ritterschaftlichen Orte (Bellingen, Rheinweiler usw. ) und das bischöflich-baselische Gebiet (Huttingen, Istein, Schliengen) an die Markgrafen. 1805 schließlich kam der vorderösterreichische Breisgau hinzu: 1806 wurde das ganze neue Gebilde zum Großherzogtum Baden. Damit kam eine lange Entwicklung zum Abschluß. Das Jahrhunderte dauernde Nebeneinander verschiedener Grundherren: neben den Markgrafen vor allem die Klöster St. Blasien und Säckingen und insbesondere Vorderösterreich, gehörte der Vergangenheit an. Napoleon, der Staatsgründer Badens, hatte das ehedem markgräfliche Haus zu seinem Verbündeten erwählt und zu einem Mittelstaat vergrößert. Daß er Baden, seine Schöpfung, besonders liebte, zeigt sich u. a. darin, daß er seine Adoptivtochter Stephanie de Beauharnais dem Großherzog Karl zur Gemahlin gab und damit den badischen Staat mit seiner Familie verband. Baden wurde denn auch in seiner inneren Struktur (Einteilung in eine Art Departements) und in vielen Einrichtungen (Ecole Polytechnique in Karlsruhe usw. ) nach französischem Vorbild organisiert. Die enge Verflochtenheit Badens mit Frankreich hat sich über das Ende des napoleonischen Reiches durch das ganze 19. Jh. fortgesetzt und hat etwa auch in der einzigartigen französischen "Blüte" auf rechtsrheinischem Gebiet, nämlich in Baden-Baden, das ein Lieblingsaufenthalt Napoleons III. war, seinen Ausdruck gefunden. Die Markgrafschaft Baden-Durlach im Jahre 1771. Markgrafschaft Baden-Durlach bei der Teilung 1535 Erwerbungen Baden-Durlachs von 1535 bis 1771 Karthograpie, Druck und Vertrieb Landesvermessungsamt Baden-Württemberg Karteausschnitt aus Karte VI.1a Historischer Atlas Baden-Württemberg |